• Anneau du Rhin '08
 
bericht über das vtec-system von honda

Im Gegensatz zu bisher verfügbaren „variablen" Ventilsteuerungen (Phasenwandlern), die nur die Steuerzeiten der Einlassventile verschieben, verändert die echte variable Honda-Ventilsteuerung VTEC mit dem Ventilhub und den Ventilsteuerzeiten beide für die Ventilsteuerung relevante Grössen. Dadurch ermöglicht VTEC eine deutliche Steigerung der Motorleistung in hohen Drehzahlbereichen bei gleichzeitiger Verbesserung des Leistungs- und Drehmomentangebotes sowie der Laufeigenschaften bei niedrigen Drehzahlen.


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100 PS pro Liter Hubraum:
Der VTEC DOHC als leistungsstärkster Saug-Motor in einem Serienautomobil.


Noch eindrucksvoller als die reinen Leistungsdaten des 1.6 Liter VTEC-Motors mit 118 kW (160 PS) und 150 Nm maximalem Drehmoment ist daher das Betriebsverhalten des Motors: Ab 2.100 min-1 bis zur Enddrehzahl von 8.000 min-1 (also über eine Drehzahlspanne von 5.900 min–1) stehen 90 Prozent des maximalen Drehmomentes, also 135 Nm, zur Verfügung.

Auf den Punkt gebracht heisst das: VTEC DOHC verleiht einem Motor das Merkmalsspektrum eines Hochleistungsaggregates mit Rennsportcharakteristik und eines im Alltagsbetrieb komfortabel zu fahrenden Serienmotors. Das daraus resultierende erweiterte Kraft- und Leistungsangebot bedeutet für den Fahrer mehr Fahrspass, mehr Leistung, mehr Charakter.

Kurzum: ein solcher Motor kommt den individuellen Wünschen und Fahrgewohnheiten sportlich orientierter Fahrer entgegen.

Dank VTEC kann solch eine aussergewöhnliche Leistungscharakteristik auch in sehr kompakten und leichten Aggregaten realisiert werden. Zunächst wurde die neue Technologie daher in den HONDA Modellen CRX und Civic angeboten. Die beiden Fahrzeuge erfreuen sich aufgrund ihrer sportlichen Allroundeigenschaften hoher Beliebtheit. Diese Eigenschaften werden durch das neue VTEC Aggregat noch unterstrichen. Das zeigt ganz deutlich, dass es den Entwicklungsingenieuren gelungen ist, die ursprünglich gesteckten Ziele erfolgreich zu realisieren. Aber auch dem absoluten Top-Modell NSX hilft VTEC, das oberste Entwicklungsziel zu erreichen: Top-Leistung bei gleichzeitig geringem Gewicht.

Bei der Entwicklung der variablen Ventilsteuerung VTEC konnten die Ingenieure auf umfangreiche Erfahrungen mit der Vierventiltechnik und innovativen Ventilsteuerungen zurückgreifen, denn HONDA war einer der ersten Automobilhersteller, der sich intensiv mit den Möglichkeiten der Mehrventiltechnik befasste. Der Übergang von 2- und 3-Ventilmotoren auf Vierventiler erhöht den Wirkungsgrad eines Motors. Das bedeutet nicht nur weniger Kraftstoffverbrauch, sondern damit auch eine deutliche Schadstoffreduzierung.

Als Folge der gewonnenen Erkenntnisse wurde Mitte der achtziger Jahre das gesamte Automobilprogramm auf Vierventil-Motoren umgestellt. Auch im Motorrad-Bereich, in dem schon wesentlich früher Vierventilmotoren eingesetzt wurden, dachte man über eine variable Ventilsteuerung nach. So verwendeten die HONDA-Motorradingenieure bereits 1983 mit dem REV-System in der japanischen Version des Sportmotorrads CBR 400 F serienmässig hydromechanisch zuschaltbare Schwinghebel.

In unteren und mittleren Drehzahlbereichen bediente jeweils ein Schwinghebel nur je ein Einlass- bzw. Auslassventil des Vierventilmotors, während bei hohen Drehzahlen ein zweiter zugeschalteter Schwinghebel das jeweils zweite Ein- bzw. Auslassventil pro Zylinder betätigte. Dadurch konnte die Leistungsabgabe und das Drehmoment des sportlichen Aggregates vor allem im unteren Drehzahlbereich (2-Ventil-Phase) - verglichen mit anderen Vierventilmotoren - erheblich verbessert werden.

Zwar kannte dieses System noch keine verstellbaren Ventilsteuerzeiten und Ventilhub, doch machte es sich die drehzahlabhängig unterschiedlichen Anforderungen von Viertaktmotoren zunutze. Im Gegensatz zum HONDA REV System verändert die variable Ventilsteuerung VTEC mit Hilfe unterschiedlicher Nockenprofile die Steuerzeiten und den Hub aller vier Ventile. Dadurch wird die den jeweiligen Betriebszuständen optimal angemessene Steuerung erreicht. Die Veränderung der Ventilsteuerung erfolgt abhängig von vier Faktoren:

- Motordrehzahl und -Last
- Fahrzeuggeschwindigkeit
- Kühlwassertemperatur


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Und so funktioniert VTEC: Die Steuerelektronik öffnet ein Magnetventil, wenn die Signale für Motordrehzahl, Fahrgeschwindigkeit, Last und Kühlwassertemperatur sich in der Forderung nach Mehrleistung einig sind.

Nun wird Öldruck in die Schaltmechanik eingelassen. Dadurch wird das Sperrschiebepaar so weit vorgeschoben, dass alle drei Schlepphebel miteinander, verriegelt sind und der mittlere, auf dem höheren Sportnocken aufliegende, das Kommando übernimmt.

Der HONDA VTEC DOHC-Motor verfügt dazu über zwei obenliegende Nockenwellen, die die 16 Ventile des Vierzylindermotors über Schlepphebel steuern. Jeweils ein Nockentrio – bestehend aus zwei unterschiedlichen äusseren Nocken für untere / mittlere Drehzahlen und einer dazwischenliegenden dritten („schärferen“) Nocke für hohe Drehzahlen steuert die beiden Einlass- bzw. Auslassventile pro Zylinder. Während vergleichbare DOHC-Konstruktionen pro Zylinder Nockenwelle über zwei Nocken und zwei Schlepphebel verfügen, ist der VTEC DOHC-Motor also mit drei Nocken und drei Schlepphebeln pro Ventilpaar ausgestattet.

Die üblichen Schrauben zur Justierung des Ventilspiels stecken in den beiden äusseren Schlepphebeln, während der zentrale Schlepphebel um den Fortsatz für die Schraube verkürzt ist. Seine Unterseite wird durch ein Abstützelement gezwungen, stets an der Bahn des zentralen Nockens anzuliegen.


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Das VTEC-Steuerprogramm:
Die Beiden unteren Kurven zeigen die Steuerzeiten und den Hub der Auslass- bzw. Einlassventilpaare im unteren / mittleren Drehzahlbereich. Die beiden Ventilpaare pro Zylinder werden hier mit unterschiedlichem Hub und Zeiten gesteuert. Dadurch verbwirbelt Luft und Kraftstoff in den Zylinder besser. Die obere Kurve steht für Ventilhub und Steuerzeiten im oberen Drehzahlbereich. Hier erfolgt die Steuerung der Ventilpaare synchron.


Die beiden äusseren Nocken stehen für das „zahme", der zentrale Kollege für das „sportliche" Steuerprogramm. Alle drei Nocken haben den gleichen Grundkreis - als Vorbedingung für das problemlose Umschalten. Der mittlere jedoch liefert einen grösseren Ventilhub und längere Öffnungszeiten. Eine Besonderheit sind auch verschiedene Steuerzeiten und unterschiedlicher Ventilhub für die beiden Einlassventile des „zahmen" Programms. Diese Massnahme verfolgt das Ziel, im unteren Betriebsbereich einen kräftigen Einlassdrall zu erzeugen, der eine homogene Vermischung von Luft und Kraftstoff sichert und eine schnelle und saubere Verbrennung stimuliert. Im sportlichen Steuerprogramm bewegen sich beide Ventile synchron und mit einem wesentlich grösseren Hub.


Nocken "zahmes Steuerprogramm"
1. Einlassventil
2. Einlassventil
Nocken "sportliches Steuerprogramm"

Ventilhub Einlass (mm)
5,0
8,0
10,4

Ventilhub Auslass (mm)
4,5
7,5
9,4


Durch die drei Schlepphebel wurde eine Bohrung getrieben. In dieser befindet sich ein zweiteiliger Sperrschieber. Ein federbelasteter Endanschlag hält den Sperrschieber in seiner Ruhelage, in der sich alle drei Schlepphebel voneinander unabhängig bewegen können. Im „zahmen" Programm unter 5.300 min-1 werden die Ventile durch die beiden äusseren Nocken und ihre Schlepphebel bewegt, während der zentrale Nocken lediglich arbeitslos mitwippt.

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Die beiden Nockenwellen von VTEC DOHC regieren 16 Ventile über kurze Schlepphebel.
Die Zündkerze sitzt im Dom des Brennraums: ein idealer Platz für kurze Brennwege und optimale Nutzung der Kraftstoffenergie.


Das leistungsorientierte Programm, auf das - lastabhängig - zwischen 5.300 und 6.000 min-1 umgeschaltet wird, gibt nunmehr dem Motor seinen „zweiten", den sportlichen Charakter. Dazu wird ein elektrisches Signal an das Magnetventil gegeben, das den Öldruck auf den geteilten Schieber in den Schlepphebeln leitet. Baut sich nach Öffnen des Magnetventils Öldruck auf der Gegenseite des Endanschlags auf, wird der Sperrschieber gegen den Druck der Anschlagfeder vorgeschoben, sobald die Schlepphebel auf dem gemeinsamen Grundkreis laufen. Hierbei werden alle drei Schlepphebel formschlüssig miteinander verbunden und der in seinem Steuerprofil höhere Zentralnocken übernimmt die Ventilsteuerung.

Die Rückschaltung auf das drehmomentorientierte Steuerprogramm erfolgt, ebenso einfach, auf einem etwa 200 Umdrehungen niedrigeren Niveau. Entfällt beispielsweise der Lastanspruch, weil nach forscher Beschleunigung Gas weggenommen wird und die Drehzahl absinkt, schliesst das Magnetventil. Damit wird die Schaltmechanik drucklos und das Sperrschieberpaar schnellt in seine Ruhelage zurück. Die drei Schlepphebel sind damit entkoppelt und die beiden äusseren steuern die Ventile wieder nach dem „zahmen" Programm. Um bei absinkender Drehzahl ein ständiges Hin- und Herschalten zu vermeiden, wird erst bei 4.900 bis 5.100 min-1 (je nach Last) auf das Normalprogramm zurückgeschaltet.

Da die Umschaltung nur möglich ist, wenn die Schlepphebel eines Zylinders auf dem Grundkreis der Nocken laufen, wird so ein Zylinder nach dem anderen auf das Sportprogramm umgeschaltet. Das hat einen weichen und kontinuierlichen Leistungsanstieg ohne Beschleunigungsloch zur Folge. Ebenso weich erfolgt das Zurückschalten.

Für die hydromechanische Umschaltung werden mit der Motordrehzahl, der Motorlast, der Fahrzeuggeschwindigkeit und der Kühlwassertemperatur insgesamt vier Einflussgrössen verarbeitet.


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Die Umschaltung vom einen auf das andere Nockenprofil erfolgt in einem Drehzahlbereich von 5.300 bis 6.000, abhängig von der Motorlast der Fahrzeuggeschwindigkeit und der Kühlwassertemperatur.


Neben der elektronischen Steuerung des hydromechanischen Teils der variablen Ventilsteuerung VTEC DOHC verarbeitet der Rechner auch noch die Daten für die elektronisch-sequentielle Mehrpunkteinspritzung HONDA PGM-Fi und die Kennfeldzündung HONDA PGM-IG. Dieses elektronische Motormanagement sorgt dafür, dass die variable Ventilsteuerung, die Zusammensetzung des Luft-/Kraftstoffgemisches und der Zündzeitpunkt den jeweiligen Betriebszuständen optimal angepasst sind. Das Ergebnis ist neben einem kraftvollen und harmonischen Motorlauf auch eine saubere Verbrennung und ein wirtschaftlicher Umgang mit Kraftstoff.

Sollten an irgendeiner VTEC-Systemkomponente Fehlfunktionen eintreten, so schaltet der Rechner direkt auf ein Notprogramm um, das nur noch mit den „zahmen" Nocken für die unteren und mittleren Drehzahlbereiche operiert. Doch selbst in diesem Fall bietet der 1,6 Liter VTEC DOHC-Motor noch eine Menge Leistung.

Bei aller technischen Effizienz ist die variable Ventilsteuerung VTEC erstaunlich unkompliziert. Den HONDA Ingenieuren ist es gelungen, eigenentwickelte und serienerprobte Techniken so zu kombinieren, dass eine völlig eigenständige, zuverlässige und hochwirksame Lösung einer alten Aufgabenstellung gefunden wurde.

Diese Eigenschaften des HONDA VTEC Systems stellen eine wichtige Voraussetzung für den erfolgreichen Serieneinsatz dar. Ein weiterer entscheidender Faktor ist aber auch die hohe Qualität aller Systemkomponenten.

Für eine präzise angepasste Kraftstoffversorgung arbeitet der VTEC DOHC, ebenso wie die weiteren VTEC-Varianten, mit der bewährten sequentiellen Kraftstoffeinspritzung HONDA PGM-IG zusammen. Die Steuereinheit wertet ständig die Informationen über Saugrohrdruck, Atmosphärendruck, Motordrehzahl, Drosselklappenposition und Kühlmitteltemperatur sowie weitere Parameter in Abhängigkeit des Motortyps aus und berechnet getrennt für jeden Zylinder die optimale Kraftstoffmenge.

 
 
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